Die Anamnese, wie sie ein guter Osteopath erhebt, dient dazu, die Krankheitsgeschichte zu erfahren, sich ein Bild vom Patienten als Individuum zu machen und Vertrauen für eine erfolgreiche Behandlung aufzubauen.
Soweit der Osteopath auf Indikation eines Arztes hin behandelt, wird dessen Rezept eingesehen. Dann befragt der Osteopath den Patienten nach seinen aktuellen Beschwerden. Nicht selten sind Patienten bereits schulmedizinisch behandelt worden. Der Osteopath wird sich danach erkundigen und nach den Erfahrungen, die der Patient damit gemacht hat.
Ein Osteopath wird immer nach Unfällen fragen. Bei Erwachsenen können diese Fragen weit in die Vergangenheit zurückreichen. Auch schwere Krankheiten hinterlassen ihre Spuren, der Patient sollte sie vollständig benennen.
Im Laufe des Lebens summieren sich diese einzelnen Symptome, Beschwerden und Probleme. Sie fordern die Selbstheilungskräfte des Körpers heraus, der immer versucht zu kompensieren. Die Krankheitsgeschichte des Patienten belegt die erstaunliche Anpassungsfähigkeit des Körpers und erklärt manchmal, wie eine vermeintliche Kleinigkeit die vielschichtigsten Beschwerden auszulösen vermag.
Bevor der Osteopath seine sensiblen und geschulten Hände einsetzt, erfolgen Beobachtungen im Stehen. Dann folgen Beobachtungen zum Gang. Der Patient wird gebeten, ein paar Mal auf- und abzugehen. Stimmen Rhythmus, Schrittlänge und Tempo? Welche Bewegungen am Körper löst das Vorwärtskommen aus? Fallen Asymmetrien auf?
Liegt der Patient auf dem Behandlungstisch, wird die Wirkung der Schwerkraft weitgehend abgefangen. Die Muskulatur kann sich entspannen, die Gelenke nehmen eine neutrale Ruhestellung ein. Spätestens jetzt wendet der Osteopath die manuellen Techniken an, die er im Laufe seiner fünfjährigen Ausbildung erlernt hat.
Dabei wird meist kaum Kraft aufgewandt. Schließlich soll die Bewegung unter normalen Bedingungen erspürt werden und nicht, wie sie sich verhält, wenn massive äußere Einflüsse auf sie einwirken. Gewebe reagiert auf starke äußere Einflüsse nämlich meist mit einer Kontraktion. Daher muss der Osteopath bei dieser Form der manuellen Untersuchung darauf achten, dass er keine Abwehrreaktion des Gewebes hervorruft. Die eigentliche Bewegung des Gewebes könnte er sonst nicht mehr erspüren.